Bevor der veröffentlichte Koalitionsvertrag als Gradmesser für die Zukunft der Bundesrepublik angesehen werden kann, muss dieser durch eine SPD-Mitgliederbefragung eine entscheidende Hürde nehmen. Ministerpräsidentin Schwesig äußerte diesbezüglich im Interview mit der FAZ: „[…] es [gibt] im Bereich der Migration Punkte, bei denen einige in der SPD Bauchschmerzen haben.“ Deutlich kritischer urteilt der Leiter der SPD-Arbeitsgruppe Migration, Aziz Bozkurt, der eine Ablehnung des Koalitionsvertrags empfiehlt und dabei von einem „Katalysator für rechte Kräfte“ spricht. Hierzu erklärt der migrationspolitische Sprecher der AfD-Fraktion, Jan-Phillip Tadsen:
„Frau Schwesigs öffentliche Äußerungen zum neuen Koalitionsvertrag fehlen jegliche Aufbruchstimmung – von Begeisterung ganz zu schweigen. Ein konzentrierter Wille der Sozialdemokratie für eine nachhaltige Migrationswende ist weder im Landtag noch in der Landesregierung zu erkennen. Die Ministerpräsidentin wird damit ihrer Verantwortung gegenüber der Stimmung und gegenüber den Zuständen im Land nicht gerecht.
Mit der SPD als Hinkebein in einer neuen Bundesregierung wird sehr kritisch zu beobachten sein, was die CDU aus ihrem Wahlkampfgetöse real umsetzen wird können. Beide Parteien sind ab jetzt auch in diesem Landtag auf Bewährung unterwegs, da jede echte Migrationswende auch Maßnahmen auf Landesebene erforderlich machen. Notwendig ist eine massive Ausweitung der Rückführungskapazitäten etwa durch den Aufbau von Ausreisegewahrsam und Haftplätzen.
Der politische Streit zwischen CDU und SPD um die Deutungshoheit bei der Frage nach Zurückweisungen an den deutschen Grenzen ist nicht gelöst und kann jederzeit zu einer Zerreißprobe werden. Angesichts der zentralen Bedeutung dieser Forderung ist es überfällig, dass sich die SPD-Landtagsfraktion hierzu deutlich positioniert. Ohne konsequente Maßnahmen, die mit einer Reform des Grenzschutzes auf EU-Ebene zu verbinden sind, wird es keine erfolgreiche Lösung der Migrationskrise geben!“