Was passiert, wenn der Krankenwagen beim Schlaganfall zu spät kommt?
Inflation und gestiegene Energie- und Personalkosten schlagen sich auf die Gesundheitsversorgung nieder.
Mehr Patienten und mehr Pflegebedürftige aber immer weniger Personal.
Die flächendeckende gesundheitliche Versorgung ist bedroht. Künftige Reformen im Krankenhauswesen könnten diese Situation weiter verschärfen. Als Flächenland, mit einer durchschnittlich recht alten Bevölkerungsstruktur, muss sich die Gesundheitsversorgung stets den örtlichen Verfügbarkeitsherausforderungen stellen. Lauterbachs Pläne sehen unter anderem vor, dass spezialisierte medizinische Bereiche wie Kardiologen oder Neurologen künftig nicht mehr von allen Krankenhäusern im Land abgedeckt werden.
Dies wirkt sich womöglich auch auf die Notfallambulanzen aus, die schon jetzt kaum den gesetzlichen Anforderungen einer schnellen Einsatzbereitschaft von unter 10 Minuten zum Erreichen des Einsatzortes. Im Vergleich zu anderen Bundesländern hat Mecklenburg-Vorpommern bereits eine geringe Dichte an gesundheitlichen Versorgungseinrichtungen. So kommen auf 10.000 km² insgesamt 17 Klinikstandorte in unserem Bundesland. In Nordrhein-Westfalen sind dies zum Vergleich das fünffache mit bis zu 100 Standorten auf 10.000 km².
Inflation und Energiekrise haben auch im Gesundheits- und Pflegebereich ihre Spuren hinterlassen. Nahezu 80% der Kliniken in Mecklenburg-Vorpommern rechnen bis Jahresende mit einem finanziellen Negativsaldo. Insbesondere für kleinere Einrichtungen in kommunaler oder privater Trägerschaft ist die Lage besonders angespannt. Ihnen droht der vollständige wirtschaftliche Kollaps. Bereits jetzt haben wir mit der Warnow-Klinik in Bützow den ersten Fall einer Klinikinsolvenz in Mecklenburg-Vorpommern. Bundesgesundheitsminister Lauterbach hat den Krankenhäusern zwar mit der neuen Krankenhausreform finanzielle Entlastungen in Aussicht gestellt, doch für viele dürfte dieser strukturelle Wandel bereits zu spät kommen. Von den versprochenen Milliardenhilfen und Hilfsfonds kam bei den Trägern hier im Land bisher noch nichts an.
Derweil macht sich die Landessozial- und Gesundheitsministerin Stefanie Drese einen schlanken Fuß, wenn sie die Lauterbach-Reform lobt und die Änderungen begrüßt, aber die akute Notlage der Kliniken und Pflegeeinrichtungen in unserem Land ignoriert. Von Seiten der Landesregierung ist kein Druck auf die SPD-Parteikollegen in Berlin zu erwarten. Für die Kliniken ist die Lage jedoch existenziell!
*am Beispiel des Klinikums Grevesmühlen
Bis zum Jahr 2032 werden knapp 50% der Ärzte in unserem Land in Rente gehen. Derweil ist die Landarztsituation schon heute katastrophal. Die Negativeffekte verstärken sich zusätzlich durch eine alternde Bevölkerung, die eigentlich auf ein zusätzliches Angebot von ärztlicher Grundversorgung und ambulanten wie auch stationären Pflegepersonal angewiesen ist. Bereits heute kommen in Mecklenburg-Vorpommern auf 100.000 Menschen 6.405 Pflegebedürftige. Bundesweit der höchste Wert. Weder die Landes- noch die Bundesregierung scheinen die tatsächliche Problemlage und erwartbaren Zukunftsentwicklungen zu erkennen und haben kaum zufriedenstellende politische Instrumente, um einerseits die Attraktivität der Pflegeberufe zu steigern, noch um die finanzielle Mittelausstattung für gute Löhne und Infrastruktur abzusichern.
Unsere Krankenhäuser und Pflegedienste sind nach wie vor akut in ihrer Existenz bedroht, besonders aber im ländlichen Raum. Die von Gesundheitsminister Lauterbach angekündigte Krankenhausreform lässt weiterhin auf sich warten und verschärft die bestehenden Probleme der Unterfinanzierung unserer Kliniken und der Pflege. Erste Insolvenzen folgten schon. Unsere Krankenhäuser und Pflegedienste brauchen somit dringend eine langfristige Perspektive. Wir fordern daher die Einrichtung eines Hilfsfonds in Höhe von mindestens 20 Millionen Euro, um die harten Kostenbelastungen zumindest temporär abfedern zu können.
Die geplante Krankenhausreform stellt den Fokus in die Zentren der Ballungsgebiete und vernachlässigt unsere regionalen Besonderheiten. Dabei brauchen wir gerade hinsichtlich der Anfahrtswege eine vollumfängliche Notfallversorgung. Denn im Ernstfall zählt jede Minute. Die geplante Reform wird zu einer Schließung unserer Krankenhäuser auf dem Land führen und gerade bei Schlaganfällen oder Herzinfarkten die Anfahrtswege gefährlich verlängern. Denn gerade diese Krankenhäuser für unser dünn besiedeltes Mecklenburg-Vorpommern sind besonders wichtig. Eine Zentrierung auf die großen Städte stellt somit eine Gefahr für Leib und Leben all unserer Bürger da, da sie noch weitere Wege zurücklegen müssen, um überhaupt angemessen versorgt zu werden.
Angesichts der demographischen Herausforderungen müssen die Rahmenbedingungen zur Ausbildung unseres Gesundheitspersonals deutlich attraktiver gestaltet werden. Zudem wird die durch die Krankenhausreform geplante Konzentration auf weniger Standorte nicht dazu führen, dass das Personal automatisch mitwechselt. Die dadurch noch weiteren Wege stellen für alle Klinik-Mitarbeiter nicht nur eine noch weitere Belastung dar und machen unseren Standort Mecklenburg-Vorpommern unattraktiv, nein sie verschärfen letzten Endes den bestehenden Fachkräftemangel in unserem Land weiter. Es ist dabei essenziell, dass wir auch einer weiteren Abwanderung von Fachpersonal und Fachkräften aktiv entgegenwirken.
Die enormen Kosten der häuslichen Pflege eines Angehörigen oder einer nahestehenden Person müssen endlich angefedert werden. Dabei soll das Land Mecklenburg-Vorpommern eine finanzielle Anerkennung für das erbrachte gesellschaftliche Engagement und die Zeit- und Kostenaufwendungen für die nicht erwerbsmäßige, häusliche Pflege eines Pflegebedürftigen zahlen und gerade bei hohen Zuzahlungskosten in Pflegeheimen etc. aktiv unterstützen. Heime sind nicht die alleinige Lösung. Wir sind auf die häusliche Pflege angewiesen. Auch in der Rente muss sich dieser Einsatz später deutlich bemerkbar machen. Gerade diese Lebensleistung gehört honoriert und die pflegenden Angehörigen dürfen später nicht selbst zum Hilfsfall werden.